Was ist dezentrale KI?
Dezentrale KI ist ein System, bei dem Datenverarbeitung und maschinelles Lernen über mehrere Standorte hinweg erfolgen, anstatt sich auf ein zentrales Datenzentrum zu stützen. Obwohl dies auf den ersten Blick kontraintuitiv erscheint, erhöht dieser Ansatz tatsächlich die Sicherheit und Widerstandsfähigkeit, da einzelne Ausfallpunkte vermieden und das Risiko großflächiger Datenlecks reduziert wird. Dezentrale KI nutzt Technologien wie Blockchain zur sicheren Aufzeichnung und Verifizierung von Datenaustausch, Edge Computing zur lokalen Datenverarbeitung auf Geräten oder nahegelegenen Servern, sowie Föderiertes Lernen, um Modelle über mehrere Geräte hinweg zu trainieren, ohne Rohdaten weiterzugeben. So werden Datenschutz und geringe Latenzzeiten gewährleistet und personalisierte Echtzeitanwendungen ermöglicht.
Im Gegensatz zu zentralisierter KI, bei der Daten für Training und zur Auswertung an einem Ort gesammelt werden, erlaubt dezentrale KI es Dateninhabern – etwa Krankenhäusern, Kliniken oder Patienten – die Kontrolle über ihre sensiblen Informationen zu behalten. Statt Rohdaten auszutauschen, werden nur zusammengefasste Muster, Trends oder Modell-Updates geteilt – persönliche Daten bleiben geschützt. Darüber hinaus reduziert der dezentrale Ansatz das Risiko von Cyberangriffen, da die Verarbeitung auf mehrere Knoten verteilt ist und so das gesamte System schwerer kompromittierbar wird.
Auswirkungen und Anwendungsbereiche im Gesundheitswesen
Die Vorteile der dezentralen KI gehen weit über Datenschutzaspekte hinaus. Ihr Potenzial, das Gesundheitswesen zu transformieren, zeigt sich in verschiedenen Bereichen – von der Pharmaindustrie über die klinische Nutzung bis hin zur Forschung.
In der Pharma- und Biotechnologiebranche
Pharma- und Biotechunternehmen sind stark auf Daten angewiesen – von der Wirkstoffentwicklung bis zu klinischen Studien. Dezentrale KI kann diese Prozesse verbessern, indem sie eine sichere Zusammenarbeit zwischen Unternehmen ermöglicht, ohne dass sensible Patientendaten direkt geteilt werden müssen. So können mehrere Firmen gemeinsam KI-Modelle auf klinischen Studiendaten trainieren, ohne die Privatsphäre zu gefährden. Dadurch wird die verfügbare Datenmenge erweitert, was eine schnellere Entwicklung und bessere Behandlungen begünstigt – stets im Einklang mit strengen Vorschriften wie der DSGVO.
Auch bei dezentralen klinischen Studien (DCTs), in denen Patientendaten aus der Ferne über Wearables oder digitale Tools erfasst werden, bietet dezentrale KI entscheidende Vorteile. Die Datenverarbeitung erfolgt lokal, was sowohl die Sicherheit erhöht als auch schnellere und genauere Analysen ermöglicht – was zu besseren Studienergebnissen und Patientenerfahrungen führt.
In der klinischen Versorgung
In Krankenhäusern und klinischen Einrichtungen kann dezentrale KI die Patientenversorgung und Diagnostik revolutionieren, indem sie KI näher an den Ort der Versorgung bringt. KI-gestützte Diagnosetools könnten direkt vor Ort installiert werden und Patientendaten in Echtzeit analysieren, um Ärzte bei Entscheidungen zu unterstützen. Das verringert die Notwendigkeit, große Datenmengen an zentrale Server zu übertragen, und verkürzt die Zeit zwischen Analyse und Behandlung.
Insbesondere die Kombination aus Edge Computing und dezentraler KI erlaubt es, Daten aus medizinischen Geräten, elektronischen Patientenakten (EHRs) oder bildgebenden Verfahren lokal zu verarbeiten. So erhalten Fachkräfte schnell und zuverlässig relevante Erkenntnisse, ohne Datenschutz oder Datensicherheit zu gefährden. In Notfällen oder in ländlichen Regionen mit schlechter Internetverbindung kann dezentrale KI lebenswichtige Entscheidungen in Echtzeit unterstützen.
In der Forschung und Lehre
Akademische Forschung im Gesundheitsbereich – insbesondere in den Bereichen Medizin und öffentliche Gesundheit – ist häufig auf die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Institutionen und über verschiedene Regionen hinweg angewiesen. Dezentrale KI schafft eine Plattform, auf der Forscher gemeinsam auf KI-Modelle zugreifen können, ohne Rohdaten austauschen zu müssen – was besonders wichtig ist bei sensiblen oder gesetzlich geschützten Informationen.
So lassen sich umfangreichere Datensätze erstellen und fortschrittliche Machine-Learning-Methoden in Studien über mehrere Institutionen hinweg anwenden. So liefert beispielsweise ein dezentral trainiertes Modell zu seltenen Erkrankungen, das mit Daten verschiedener Kliniken trainiert wurde, verlässlichere Ergebnisse als ein Modell, das nur auf einem einzelnen Datensatz basiert. Jede Klinik trägt auf diese Weise zum Wissensaufbau bei – etwa zu Symptomen, Behandlungserfolgen oder Krankheitsverläufen – ohne die Daten einzelner Patienten offenzulegen.
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Herausforderungen bei der Einführung dezentraler KI
Trotz ihres großen Potenzials steht die dezentrale KI vor einigen Hürden, die für eine umfassende Integration in der Gesundheitsbranche überwunden werden müssen:
- Datenstandardisierung: Einer der größten Hemmnisse ist der Mangel an einheitlichen Datenformaten und -systemen im Gesundheitswesen. Damit dezentrale KI effektiv funktioniert, müssen Daten konsistent strukturiert und zwischen Institutionen interoperabel sein.
- Infrastrukturkosten: Die Implementierung dezentraler KI erfordert Investitionen in Edge Computing und Blockchain-Infrastrukturen – was für kleinere Einrichtungen unter Umständen schwer zu stemmen ist. Daher stellt der Zugang aller Akteure zu dieser Technologie eine zentrale Herausforderung dar. Open-Source-Lösungen wie Bittensor bieten hier erste Lösungsansätze.
- Regulatorische Anforderungen: Trotz verbesserter Datensicherheit bleibt die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben komplex – insbesondere, wenn Daten grenzüberschreitend verarbeitet werden. Akteure des Gesundheitsbranche müssen sicherstellen, dass sie nationale wie internationale Datenschutzgesetze einhalten.
- Vertrauen und Zusammenarbeit: Für die dezentrale KI ist ein hohes Maß an Vertrauen und Kooperation zwischen Gesundheitsdienstleistern, Pharmaunternehmen und Forschungseinrichtungen erforderlich. Dies erfordert nicht nur technologische Lösungen, sondern auch kulturelle und organisatorische Veränderungen. Dabei könnten insbesondere Fragen der Datenhoheit und der Verantwortung für neue Erkenntnisse zu Streitpunkten werden.
Dezentrale Konzepte geben dem bereits wachsenden Interesse der Gesundheitsbranche an KI neuen Aufwind. Sie bieten eine einzigartige zukunftsweisende Chance, Datenschutz zu verbessern, Echtzeitanalysen zu ermöglichen und organisationsübergreifend zusammenzuarbeiten – ohne sensible Daten preiszugeben. Von der beschleunigten Arzneimittelentwicklung über präzisere Diagnosen bis hin zur akademische Forschung eröffnet diese Technologie innovative Lösungsansätze für zentrale Herausforderungen des Gesundheitswesens.
Wir von Alcimed begleiten Sie gerne mit unserer technischen Expertise und unserer Erfahrung in der strategischen Beratung dabei, das Potenzial dezentraler KI zu erschließen. Wenn Sie erfahren möchten, wie dezentrale KI Ihr Unternehmen voranbringen und Ihre Projekte für das Gesundheitswesen transformieren kann, kontaktieren Sie gerne unser Team.
Über den Autor,
Matthieu, Leiter von Nautilus.ai, Alcimeds Data & KI Team in den USA