Die Versprechen von CCUS in den Bereichen Energie, Chemie und Bauwesen
Auf der einen Seite steht CCU: Dabei wird das von der Industrie ausgestoßene CO2 erneut in industriellen Prozessen eingesetzt. CCU ist seit vielen Jahren Realität! Doch jetzt entstehen bahnbrechende Technologien, mit denen sich selbst stark verdünnte CO2‑Emissionen – etwa aus einer Zementfabrik oder einer Raffinerie – wirtschaftlich sinnvoll abscheiden lassen. Eine noch junge Methode namens „Direct Air Capture“ ermöglicht sogar das Abscheiden von CO2 direkt aus der Umgebungsluft. Zudem entwickeln sich in verschiedenen Branchen – Energie, Chemie, Bauwesen – vielversprechende Marktchancen.
Auf der anderen Seite steht CCS: Hier wird CO2 nicht zur Wiederverwendung abgeschieden, sondern schlicht dauerhaft im Untergrund gespeichert. Es gibt hermetisch dichte geologische Formationen – tiefe salzhaltige Aquifere oder ausgeförderte Ölfelder –, in denen CO2 eingelagert werden kann und dort über Tausende von Jahren verbleibt, vorausgesetzt, der Standort ist sorgfältig gewählt und die Injektion wird streng überwacht.
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CCS: ein „Must‑have“ auf dem Weg zur Klimaneutralität?
CO2 zu speichern und damit dauerhaft aus der Atmosphäre zu entfernen, könnte entscheidend dazu beitragen, die auf der COP21 gesetzten Ziele zur Eindämmung der globalen Erwärmung zu erreichen. Im Mai 2019 erklärte das britische Committee on Climate Change, „CCS sei eine Notwendigkeit und keine Option, um Netto‑Null‑Emissionen zu erreichen“ .
Die gute Nachricht: Die Speicherpotenziale sind enorm. Die weltweite Kapazität tiefer saliner Aquifere wird auf 10 000 Gigatonnen CO2 geschätzt. Das entspräche etwa 300 Jahren Speichervolumen, wenn die globalen CO2‑Emissionen auf dem Niveau von 2019 blieben (33,3 Gigatonnen CO2 aus fossilen Ressourcen und Industrie).
Große Öl‑ und Gaskonzerne haben erkannt, dass sich mit der Speicherung fremder CO2‑Emissionen ein Geschäftsmodell entwickeln lässt. So ist in jedem großen europäischen CCS‑Projekt ein bedeutender Öl‑ und Gas‑Akteur beteiligt: Energie Beheer Nederland (EBN) beim Projekt Rotterdam CCUS, Total bei „DMX™ Demonstration in Dunkirk“ (3D) sowie Shell, Total und Equinor beim norwegischen Projekt „Northern Lights“.
Dennoch müssen noch Hürden überwunden werden. Aus wirtschaftlicher Sicht liegen die Kosten für Abscheidung und Speicherung bei den meisten CO2‑Quellen noch deutlich über den aktuellen CO2‑Abgaben. Aus regulatorischer Sicht erschweren manche Vorgaben und internationale Abkommen den grenzüberschreitenden CO2‑Transport. Und nicht zuletzt bestehen berechtigte gesellschaftliche Bedenken gegenüber einer Technologie, die für viele Parallelen zur Abfalldeponie aufweist.
Hohe Kosten und fehlende Absatzmärkte: der steinige Weg von CCU
Eine alternative Lösung ist CCU. Die direkte Verwendung von erfasstem CO2 zur Karbonisierung von Getränken ist eine klassische Anwendung, bietet aber nur sehr kurze Speicherzeiten, da das CO2 rasch wieder freigesetzt wird. Interessanter sind neue CO2‑Umwandlungstechnologien, die derzeit entwickelt werden und die Zukunft von CCU prägen. So kann CO2 in der Energiewirtschaft als Ausgangsstoff zur Synthese von Kohlenwasserstoffen wie Methan oder Methanol dienen. Ebenso wird CO2 als Reagenz in der organischen Synthese eingesetzt, um Polymere oder anorganische Carbonate herzustellen. In der Bauindustrie nutzen einige Unternehmen CO2, um „CO2-negative“ Baustoffe zu produzieren und den Betonabbindeprozess bei geringerem Zementeinsatz zu beschleunigen.
Viele dieser Technologien sind äußerst vielversprechend. Doch wenn es darum geht, die enormen CO2‑Mengen industrieller Emissionen aufzunehmen, treten zwei Haupthindernisse auf: Erstens die Kosten – synthetisches Methan aus CO2 und „grünem“ Wasserstoff herzustellen ist noch deutlich teurer als Erdgas zu fördern. Zweitens die Marktaufnahmefähigkeit – die Nachfrage nach CO2‑basierten Chemieprodukten ist begrenzt. Schätzungen zeigen beispielsweise, dass die Umwandlung der CO2‑Emissionen einer großen Bioethanolanlage in Natriumhydrogencarbonat bereits den gesamten Jahresbedarf Frankreichs an diesem Produkt übersteigen würde.
CCS scheint bislang die passende Lösung zu sein, um große Mengen an CO2 aufzunehmen und dauerhaft zu verpressen – ein Schritt Richtung Netto‑Null‑Emissionen, der voraussichtlich nötig ist, um den globalen Temperaturanstieg zu begrenzen. Parallel dazu schafft die Entwicklung von CCU eine echte Kreislaufwirtschaft, in der das von der Industrie ausgestoßene CO2 zu einer nützlichen Ressource wird. CCU braucht jedoch weitere intensive Forschung, wirtschaftliche Anreize und vor allem eine Transformation unserer stark von fossilen Rohstoffen abhängigen Wirtschaft, damit die Nutzung von CO2 gegenüber der Petrochemie an Boden gewinnen kann.
Über den Autor,
Thibault, Senior Consultant in Alcimeds Energie-, Umwelt- und Mobilitätsteam in Frankreich