Healthcare

Stellen Impfungen eine Antwort auf die gesundheitlichen Folgen des Klimawandels dar?

Veröffentlicht am 05 Mai 2025 Lesen 25 min

Der Klimawandel kann gravierende negative Auswirkungen auf unsere Gesundheit haben – und die Schäden sind bereits spürbar. Sowohl übertragbare als auch nicht übertragbare Krankheiten nehmen infolge des Klimawandels zu. Vektorübertragene Krankheiten verbreiten sich aufgrund steigender Temperaturen in neuen Regionen und veränderte Wetterlagen führen zu extremen Wetterereignissen wie Wirbelstürmen, Überschwemmungen und Dürren. Während wir weiterhin versuchen, die Veränderungen der Umwelt zu begrenzen oder gar rückgängig zu machen, sollten wir gleichzeitig beginnen, die Auswirkungen auf die Gesundheit anzugehen, bevor diese unsere Gesundheitssysteme überlasten.

Impfstoffe waren schon immer eine kosteneffiziente Maßnahme zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung. In diesem Artikel analysieren wir von Alcimed, wie Impfungen und technologische Fortschritte im Impfstoffbereich dazu beitragen können, die potenziellen negativen gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels zu verhindern oder sogar umzukehren.

Wie der Klimawandel unsere Gesundheit beeinflusst

Laut dem Lancet Countdown Bericht zu Klimawandel und Gesundheit gibt es 15 Kennzahlen zur Messung der Auswirkungen des Klimawandels auf die menschliche Gesundheit1Lancet Countdown. (2025, 19 mars). 2024 Report – Lancet Countdown. https://lancetcountdown.org/2024-report/. Diese lassen sich in vier Kategorien unterteilen: hitzebedingte Gesundheitsfolgen, extreme Wetterereignisse, veränderte Muster bei Infektionskrankheiten sowie Auswirkungen auf die Ernährung.

Steigende Temperaturen können Hitzestress verursachen – dieser kann zu Hitzeerschöpfung, Hitzschlag und sogar zum Tod führen2Hot weather and heat extremes: health risks, Ebi, Kristie L et al. The Lancet, Volume 398, Issue 10301, 698 – 708. Zudem belastet er das Herz-Kreislauf- und Atemwegssystem sowie die Nieren. Hitzebedingte Entzündungen können chronisch obstruktive Lungenerkrankungen (COPD) verschlimmern und sogar chronische Nierenerkrankungen auslösen – bislang sind bereits über 26 Millionen Fälle dokumentiert. Hitzewellen führen außerdem zu einem Anstieg der Infektionen mit dem West-Nil-Virus3Thomson, M. C., & Stanberry, L. R. (2022). Climate Change and Vectorborne Diseases. New England Journal Of Medicine, 387(21), 1969‑1978. https://doi.org/10.1056/nejmra2200092.

Number of people living with chronic kidney disease due to heat stress in 2020

Abbildung 1: Anzahl der Menschen mit chronischen Nierenerkrankungen, die auf Hitzestress zurückzuführen sind, im Jahr 20204Heat at work: Implications for safety and health, figure 5, https://www.ilo.org/sites/default/files/2024-07/ILO_OSH_Heatstress-R16.pdf.

Extreme Wetterereignisse – insbesondere Überschwemmungen – führen vermehrt zu Wasserverunreinigungen. Eine Studie zu wasserbürtigen Infektionskrankheiten im Zusammenhang mit Stürmen in den USA zeigte einen Anstieg von Legionellose, Infektionen mit E. coli und Kryptosporidiose nach starken Regenfällen5Lynch, V. D., & Shaman, J. (2023). Waterborne Infectious Diseases Associated with Exposure to Tropical Cyclonic Storms, United States, 1996–2018. Emerging Infectious Diseases, 29(8). https://doi.org/10.3201/eid2908.221906. Zudem breiten sich durch steigende Wassertemperaturen Vibrio-Bakterien in höhere Breitengrade aus, was das Risiko für kontaminierte Meeresfrüchte bis in die Ostsee hinein erhöht6European Food Safety Authority. (2024, 23 juillet). Vibrio bacteria in seafood : increased risk due to climate change and antimicrobial resistance. European Food Safety Authority. https://www.efsa.europa.eu/en/news/vibrio-bacteria-seafood-increased-risk-due-climate-change-and-antimicrobial-resistance.

Auch andere Infektionskrankheiten nehmen mit den steigenden Temperaturen zu. Diese sogenannten vektorübertragenen Krankheiten – durch Mücken oder Zecken verbreitet – werden durch die globale Erwärmung in neue Regionen getragen. Krankheiten wie Dengue, Zika und Borreliose (Lyme-Borreliose) dringen so in bisher nicht betroffene Gebiete vor7Thomson, M. C., & Stanberry, L. R. (2022b). Climate Change and Vectorborne Diseases. New England Journal Of Medicine, 387(21), 1969‑1978. https://doi.org/10.1056/nejmra2200092. Luftverschmutzung, ausgelöst durch Brände und Dürren, nimmt ebenfalls zu. Diese Luftbelastung fördert Entzündungsreaktionen, die – wenn sie nicht kontrolliert werden – zur Entstehung von Autoimmunerkrankungen beitragen können8Lee, A. S., Aguilera, J., Efobi, J. A., Jung, Y. S., Seastedt, H., Shah, M. M., Yang, E., Konvinse, K., Utz, P. J., Sampath, V., & Nadeau, K. C. (2023). Climate change and public health. EMBO Reports, 24(4). https://doi.org/10.15252/embr.202356821.

Besonders sichtbar ist die Ausbreitung von Zecken und Mücken in neue Regionen, die zu einem entsprechenden Anstieg vektorübertragener Krankheiten wie Dengue und Borreliose führt.


Erfahren Sie, wie unser Team Sie bei Ihren Projekten im Zusammenhang mit Klimaresilienz begleiten kann >


Gibt es einen Impfstoff dagegen?

Für viele vektorübertragene Krankheiten sind Impfstoffe grundsätzlich eine realistische Option. Impfstoffe gegen das West-Nil-Virus sind beispielsweise bereits im Veterinärbereich im Einsatz. Auch Phase-II-Studien am Menschen – insbesondere die von Sanofi – waren vielversprechend. Doch stellen groß angelegte Phase-III-Studien derzeit noch ein zentrales Hindernis für die Marktzulassung solcher Impfstoffe dar9Gould, C. V., Staples, J. E., Huang, C. Y., Brault, A. C., & Nett, R. J. (2023). Combating West Nile Virus Disease — Time to Revisit Vaccination. New England Journal Of Medicine, 388(18), 1633‑1636. https://doi.org/10.1056/nejmp2301816. Es braucht innovativere Studiendesigns, um solche Impfstoffe schneller verfügbar zu machen und so die Auswirkungen des Klimawandels zu mildern.

Für Dengue und Borreliose gibt es bereits positivere Entwicklungen. Der von Takeda entwickelte Dengue-Impfstoff Qdenga wurde 2024 zugelassen und kam bereits in Brasilien bei einem massiven Dengue-Ausbruch zum Einsatz – die gesamte Produktion der ersten zwei Jahre wurde dafür aufgebraucht10https://www.science.org/content/article/dengue-raging-brazil-promising-local-vaccine-least-year-away. Dies wirft interessante politische Fragen auf: Sollten infektiöse Bedrohungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel Teil der Pandemie-Vorsorgestrategien werden, die im Zuge der COVID-19-Pandemie entwickelt wurden?

Ein Impfstoff gegen Borreliose, der gemeinsam von Valneva und Pfizer entwickelt wird, befindet sich derzeit in Phase-III-Studien und könnte bereits 2026 zugelassen werden11Pfizer and Valneva Complete Recruitment for Phase 3 VALOR Trial for Lyme Disease Vaccine Candidate, VLA15 – Valneva. (2023, 5 décembre). Valneva. https://valneva.com/press-release/pfizer-and-valneva-complete-recruitment-for-phase-3-valor-trial-for-lyme-disease-vaccine-candidate-vla15/. Die Studien finden in den USA und Europa statt – dort, wo Borreliose besonders verbreitet ist. Impfstoffentwickler und Gesundheitsbehörden sollten gemeinsam überlegen, welche weiteren Impfstoffe im Hinblick auf klimabedingte Veränderungen in Infektionsmustern oder Krankheitslasten sinnvoll und notwendig wären.

Können wir durch den Klimawandel verursachte Gesundheitsschäden rückgängig machen?

Für viele, die bereits an durch klimabedingte Entzündungen ausgelösten Autoimmunerkrankungen leiden, ist der Schaden bereits eingetreten. Dennoch können Impfstoffe auch hier Linderung verschaffen. Eine neue Art von therapeutischen Impfstoffen – sogenannte „inverse Impfstoffe“ – steht in den Startlöchern. Sie könnten Autoimmunerkrankungen umkehren, indem sie gezielt die fehlgeleiteten Immunreaktionen ausschalten, die die Krankheit verursachen.

Der erste Machbarkeitsnachweis dieser innovativen Technologie liegt bereits über 15 Jahre zurück. Aktuell erlebt sie ein Comeback – namhafte Unternehmen wie Pfizer, Bristol Myers Squibb, Novartis, Roche und Boehringer Ingelheim investieren bereits in diesen Bereich.

Wir bei Alcimed begleiten Sie gerne dabei, herauszufinden, wie Impfstoffe und andere Therapien Ihre F&E-Pipeline und Investitionsstrategie im Kontext des Klimawandels beeinflussen könnten. Kontaktieren Sie unser Team.


Über die Autorin, 

Danna, Great Explorer in Infektiologie und Immunologie in Alcimeds Life Sciences Team in Frankreich

Sie haben ein Projekt?

    Erzählen Sie uns von Ihrem Projekt

    Möchten Sie mehr über unser Beratungsangebot erfahren und Ihr Anliegen mit unserem spezialisierten Team besprechen? Schreiben Sie uns!

    Ein Mitglied unseres Teams wird sich in Kürze mit Ihnen in Verbindung setzen.


    Weiterführende Informationen