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Molecular Pharming: Wie können pflanzliche Arzneimittel die Arzneimittelentwicklung und -herstellung revolutionieren?

Veröffentlicht am 16 Januar 2023 Lesen 25 min

Der stetig wachsende Bedarf an Wirkstoffen wie monoklonalen Antikörpern, der beispielsweise durch die Bedrohung durch globale Pandemien noch verstärkt wird, erhöht die Nachfrage nach alternativen Produktionsplattformen. In diesem Zusammenhang hat die kürzlich erfolgte Zulassung eines pflanzenbasierten Impfstoffs namens Covifenz der kanadischen Firma Medicago Inc. gegen COVID-19 Anfang 2022 den pflanzenbasierten Arzneimitteln im Allgemeinen einen deutlichen Schub verliehen und sie populärer denn je gemacht. Obwohl CHO (Chinese Hamster Ovary)- und Esherichia coli-Zelllinien nach wie vor als Goldstandard für die Produktion rekombinanter Proteine und Biopharmazeutika gelten, sind pflanzenbasierte Pharmazeutika eine effiziente Alternative. In diesem Artikel hat Alcimed das Potenzial von Molecular Pharming (oder Biopharming), die Entwicklung und Herstellung von Arzneimitteln zu revolutionieren, genauer betrachtet.

Ein neues Werkzeug für die Pharmaproduktion

Die Herstellung rekombinanter Proteine in Pflanzen wird oft als Molecular Pharming (auch Molecular Farming geschrieben) oder Biopharming bezeichnet.

Das Konzept pflanzenbasierter Arzneimittel wurde erstmals Ende der 1980er Jahre vorgestellt. Das erste kommerzielle Medikament, Elelyso (Taliglucerase alfa), wurde jedoch erst 2012 auf den Markt gebracht und erhielt in diesem Zuge die Zulassung von der FDA. Es wurde vom israelischen Unternehmen Protalix in Zusammenarbeit mit Pfizer entwickelt und dient der Behandlung von Morbus Gaucher, einer seltenen genetischen Stoffwechselkrankheit.

Die Herstellung rekombinanter Proteine in Pflanzen wird oft als Molecular Pharming (auch Molecular Farming geschrieben) oder Biopharming bezeichnet. Die entsprechende Forschungslandschaft ist durch eine Vielzahl von Wirtsarten, Plattformen und Technologien gekennzeichnet. Die meisten pflanzenbasierten Arzneimittel lassen sich jedoch in drei Kategorien einteilen: Antikörper, menschliche Proteinersatzstoffe und Impfstoffe. So wie verschiedene pharmazeutische Produkte von Pflanzen produziert werden können, gibt es auch viele potenzielle Produktionsplattformen wie Moose, ganze Pflanzen, Algen oder Zellkulturen:

  • Zellkultur:

Pflanzenzellensuspensionskulturen bestehen aus Zellen, die in einem flüssigen Medium schneller wachsen. Für das Wachstum kultivierter Pflanzenzellen sind einfache Nährstoffe erforderlich. Da sie häufig die Anreicherung des rekombinanten Proteins im Kulturmedium ermöglichen, sind Aufreinigung und Downstream-Prozesse einfach. Die geringe Ausbeute des freigesetzten Proteins ist jedoch ein Nachteil dieses Ansatzes. Elelyso (Taliglucerase alfa), das erste kommerziell verfügbare Medikament, wurde in einer Karottenzell-Suspension in flüssigem Medium kultiviert und produziert.

  • Moos-Kulturen:

Mooszellen können in geschlossenen Umgebungen wie Bioreaktoren wachsen und sind zur Photosynthese fähig. Außerdem kann der Aufreinigungsprozess vereinfacht werden, indem das rekombinante Protein in das Medium abgegeben wird. Daher ist das Interesse an dieser neuen Methode zur Herstellung biopharmazeutischer Proteine groß. Aktuell hat das Biotechnologie-Unternehmen Eleva eine klinische Studie der Phase I für seinen ersten therapeutischen Kandidaten Moss-αGal (Agalsidase) zur Behandlung von Morbus Fabry abgeschlossen. Morbus Fabry ist eine seltene, genetische, lysosomale Speicherkrankheit, die durch einen Mangel des Enzyms α-Galactosidase verursacht wird.

  • Transiente Expression in ganzen Pflanzen:

Die am weitesten verbreitete Produktionsplattform ist Nicotiana Benthamiana, basierend auf transienter Expression. Die transiente Expression nutzt das etablierte Agrobacterium tumefaciens, um einen definierten DNA-Abschnitt (T-DNA) in den Pflanzenkern zu übertragen. Dies wird durch die Infiltration von Suspensionen von A. tumefaciens in die Interzellularräume der Blätter erreicht.

Da die Agrobacterium-Stämme abgeschwächt sind und nur nichtreproduktives Gewebe modifiziert wird, gilt der gesamte Prozess der transienten Expression als sicher für die Umwelt, da das genetische Material der Keimbahn nicht verändert wird.

Molecular Pharming: eine relevante Alternative zur Verbesserung der Medikamentenentwicklung

Typischerweise werden Hefen wie Saccharomyces cerevisiae oder das Bakterium Escherichia coli (E. coli) eingesetzt, um therapeutische Proteine zu produzieren. Aufgrund ihres schnellen Wachstums und ihrer hohen Proteinausbeute werden Zellen häufig eingesetzt, wenn Biotherapeutika Modifikationen erfordern, die in Bakterien nicht reproduzierbar sind. Jede dieser Methoden erfordert jedoch in der Regel teure Anlagen in einer sterilen, streng kontrollierten Umgebung.

Pflanzenbasierte Pharmazeutika sind daher aufgrund ihrer zahlreichen Vorteile praktikable Alternativen. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Schnelligkeit:

Im direkten Vergleich können die Entwicklungszeiten in Pflanzen um die Hälfte kürzer sein als bei herkömmlichen Produktionsmethoden.

Transiente Expressionssysteme ermöglichen die Herstellung rekombinanter Proteine innerhalb weniger Tage. Sie eignen sich daher besonders für die Herstellung von Notfall-Impfstoffen. So konnte das kanadische Biotech-Unternehmen Medicago seinen Impfstoff Covifenz gegen Covid-19 bereits 20 Tage nach Erhalt der Gensequenz herstellen. Im direkten Vergleich können die Entwicklungszeiten in Pflanzen um die Hälfte kürzer sein als bei herkömmlichen Produktionsmethoden.

  • Skalierbarkeit:

Die Möglichkeit, Proteine schnell in Pflanzen durch transiente Expression herzustellen, bietet eine Lösung sowohl für hohe Kosten als auch für lange Entwicklungszeiten. Große Mengen rekombinanter Proteine, bis in den Milligramm-Bereich, können innerhalb weniger Tage aus Pflanzen gewonnen werden. Außerdem kann das System schnell hochskaliert werden.

  • Kosteneffizienz:

Insgesamt wurde die Produktion durch transiente Expression im Vergleich zur konventionellen CHO-Ernte als etwa 50 % kosteneffizienter bewertet.

Im Vergleich zur Produktion mit CHO-Zelllinien können die meisten (Upstream) Produktionsprozesse für pflanzenbasierte Pharmazeutika in Produktionsräumen ohne zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen durchgeführt werden. Insgesamt wurde die Produktion durch transiente Expression im Vergleich zur konventionellen CHO-Ernte als etwa 50 % kosteneffizienter bewertet.

  • Sicherheit:

Da die Agrobacterium-Stämme geschwächt sind und nur nicht-reproduktives Gewebe modifiziert wird, verändert der gesamte Prozess der transienten Expression nicht das genetische Material der Keimbahn der Pflanze. Daher gilt der gesamte Prozess der Herstellung pflanzenbasierter Pharmazeutika als sicher für die Umwelt.

Darüber hinaus beherbergen pflanzliche Zellsysteme keine bekannten menschlichen Krankheitserreger. Stattdessen findet die Produktion in kontrollierten Gewächshäusern statt, was den Biosicherheitsaspekt dieser Technologie verstärkt.

  • Tierfreie Produktion:

Pflanzliche Systeme ermöglichen es, rekombinante Proteine ohne den Einsatz tierischer Reagenzien zu produzieren. Dies kann beim Herstellen von Therapeutika und Impfstoffen für bestimmte Religionsgemeinschaften, Veganer oder Tierallergiker von Bedeutung sein. Außerdem ist es vorteilhaft, diagnostische Proteine ohne Kontamination durch tierische Proteine oder Endotoxine herzustellen, um Störungen bei Tests mit Säugetierzellen, -geweben oder -organen zu vermeiden.

Die genannten Vorteile machen deutlich, dass pflanzenbasierte Alternativen in der Lage sind, biologische Therapeutika kostengünstiger und effizienter herzustellen. Gleichzeitig liefern sie Produkte von höherer Qualität.


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Das Herstellen von Pharmazeutika auf pflanzlicher Basis bietet eine relevante Alternative zu herkömmlichen Produktionsplattformen wie CHO-Zellininen. Pflanzenbasierte Pharmazeutika haben das Potenzial, die pharmazeutische Industrie maßgeblich zu beeinflussen, vorausgesetzt, die Akzeptanz wird durch den kontinuierlichen Nachweis von Sicherheit und Wirksamkeit gefördert.

Darüber hinaus verändert die Welt ihre Reaktion auf künftige Pandemien oder Gesundheitsbedrohungen. Pharmazeutika dieser Art sind eine wertvolle Antwort auf solche Bedrohungen, insbesondere im Hinblick auf ihre Entwicklungsgeschwindigkeit und Skalierbarkeit. Alcimed kann Sie bei Ihren Projekten im Bereich Molecular Pharming unterstützen. Zögern Sie nicht, unser Team zu kontaktieren!


Über den Autor, 

Anthelme, Consultant in Alcimeds Life Sciences Team in Deutschland

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